Forum 2: Branding und Crosspromotion - Zauberformeln für den Erfolg von Produktionen für Kinder

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Im zweiten Forum stellten zunächst Hans-Jürgen Popp, Executive Producer und presserechtlich Verantwortlicher für Disney Channel Deutschland, und Armin Völckers, Redakteur bei EM.TV, in Promotion Shows ihre Unternehmen vor. Der ZDF-Redakteur Ralf Gerhard erläuterte die Marken-Konzeption der fast zwanzig Jahre alten Sendereihe "Löwenzahn".

Der Disney Channel ging am 16. Oktober 1999 in Deutschland und Österreich auf der Digitalplattform Premiere World auf Sendung. Der Sender gehört zu Walt Disney International und ist damit Teil des weltweit operierenden Disney-Kanals. Auf internationaler Ebene sind bereits neun Disney Channel in Betrieb. Mit einem auf den Programmkonzept für den deutschsprachigen Markt möchte der Abo-Kanal die Kernzielgruppe der 3-bis 13-jährigen Kinder und deren Eltern erreichen. Nach Angaben Popps gibt es in Deutschland sieben Millionen Haushalte mit Kindern unter 14 Jahren. Als Kernelemente der Positionierung nannte Popp das Beste von Disney, Save Fun (Sicheres Vergnügen), kindgerecht und gewaltfrei, keine Werbung, Qualitätsgarant Disney, keine Werbung, zu Aktivitäten anregend, kurzum: "phantastischer Fernsehspaß für Kids und die ganze Familie".

Der Disney Channel hat sein Programm in drei Programmzonen gegliedert. Das Vorschulprogramm läuft Montag bis Freitag 6 - 12.30 Uhr, Samstag und Sonntag 6 - 9 Uhr. Das Kids Programm läuft jeweils anschließend bis 19 Uhr und das Familienprogramm von 19 bis 24 Uhr. Als Highlight hob Popp, unterstützt von einem rasanten Video-Zusammenschnitt bisherigen Sendungen, die interaktive Live-Show live@five hervor. Sie wird täglich um 17 Uhr ausgestrahlt und richtet sich an acht- bis 12-Jährige, erreicht aber auch noch 15-Jährige. Die vier Jung-Moderatoren rufen die Zuschauer während der Zwei-Stunden-Sendung immer wieder zur Kontaktaufnahme per Call In, Write In, E-Mailing oder Fax auf und wenden sich per Call Out auch direkt an die TV-Gucker. Eine Abonnentenbefragung von Premiere World ergab für den Februar 2000, dass 70 Prozent der Kids in Premiere-Haushalten live@five kennen und 90 Prozent die Sendung gut oder sehr gut finden. Als wichtiges Marketing-Ziel hob Popp die Konzentration auf wesentliche Bedürfnisse der Kids hervor, darunter die so genannte Schoolyard Currencey, also das Mitredenkönnen der Schüler auf dem Schulhof und der Zugang zu angesagten Konsumprodukten.

Der EM.TV-Redakteur Völckers beleuchtete mit vielen Beispielen und einigen Programmausschnitten die zahlreichen Facetten der konzerneigenen Marke Junior aus und sorgte dabei mit etlichen humoristischen Bemerkungen etwa über den 'Schrott'-Wert konventioneller Merchandising-Produkte wie Schlüsselanhänger beim Publikum für erfrischende Heiterkeit. Das Münchner Unternehmen hat bereits kurze Zeit nach seinem Börsengang laut Popp mit Junior.Co-Productions die größte Abteilung für die Herstellung von Animationsserien weltweit aufgebaut. Derzeit befinden sich 11 Serien in Produktion und 22 Serien in der Entwicklung. Völckers selbst betreut vier Serien. EM.TV erhält bereits jetzt mehr als 1.000 Serienkonzepte im Jahr. Das Produktionsvolumen soll auf über 40 Serien pro Jahr steigen. EM.TV steigt in Produktionen erst ein, wenn 70 Prozent des eigenen Investments durch Vorabverkäufe gesichert sind. EM.TV-Tochtergesellschaften sind: Jim Henson Company, TVC Trickompany, Yoram Gross-EM.TV, EM.TV-Talit. Strategische Partnerschaften hat die Firma geschlossen mit: Sony Wonder, Fox Family, Saban, Wild Brain, Decode und Télé Images.

Zum Thema Branding sagte Völckers, abgesehen von der persönlichen Assoziation der Markierung von Sklaven ziele der Begriff auf Wiedererkennbarkeit, umfasse aber mehr als bloß hohe TV-Quoten oder die problemlose Abnahmer neuer Programme durch TV-Redaktionen. Die Marke Junior steht nach Angaben von Völckers für Qualität und Unterhaltung, Gewaltfreiheit, Lernoriertierung, Spannung und Spaß: "Junior ist eine internationale Marke, die weltweit vermarktet, aber regional wahrgenommen wird."

Junior verfügt derzeit über zwei Programmplätze in Deutschland. Zum einen zeigt SAT 1 seit 8. Januar 2000 wöchentlich zehn Stunden Junior-Programm und erzielt damit Quoten bis zu 35 Prozent. Zum anderen laufen Junior-Programme im Pay TV im Junior/K-Toon-Kanal von Premiere World. EM.TV vermarktet seine Lizenzen über Tochtergesellschaften und Joint Ventures. Im Buch-Bereich zum Beispiel bringt der Egmont Verlag fünf Junior Magazine im Monat heraus und etwa 50 Buchtitel. Bei CD-ROMs kooperiert man mit dem Partner Tivola, der ab Frühjahr 2000 mindestens 40 Titel zum Preis von 30 bis 40 DM herausbringen will. Bei AV-Produktionen hat sich EM.TV mit der Edel Music AG verbündet, die mehr als 160 Videos und 14 Audio-CDs zu Film- und TV-Episoden vermarkten wird.

Als Vertreter des öffentlich-rechtlichen ZDF grenzte sich Ralf Gerhard deutlich von den beiden Repräsentanten des Privatfernsehens ab. Der ZDF-Redakteur sagte mit Blick auf das fast 20-jährige Bestehen von "Löwenzahn": "Man muss nicht die halbe Welt kaufen, um eine erfolgreiche Marke zu etablieren." Sonntags erreicht die Sendung einen Marktanteil von bis zu 40 Prozent bei den 3- bis 13-Jährigen und ist damit das erfolgreichste hauseigene Kinderformat. In der CD-ROM-Reihe zu "Löwenzahn" sind bisher drei Scheiben erschienen, die zusammen über 500.000 Mal verkauft wurden. Die drei Titel waren in ihrem jeweiligen Veröffentlichungshalbjahr die meistverkaufte Edutainment-CDs. Als großen Erfolg bewertete Gerhard auch die neue "Löwenzahn"-Zeitschrift, die der Ehapa Verlag in einer Auflage von 200.000 Exemplaren gestartet hat.

Als 'Erfolgsgeheimnis' von Löwenzahn offenbarte der ZDF-Redakteur, dass die Marke gut gepflegt sei und von anderen Sendungen klar abzugrenzen sei. Die drei entscheidenden Kriterien: der Themenbereich Natur und Technik, die spezifische Frage-Antwort-Struktur und kontinuierliche Aufforderungen an das Publikum, aktiv zu sein und selbst zu gestalten.

In der Diskussion machte Gerhard seine Distanz zum Branding-Begriff deutlich, bei dem Dinge zusammengefasst würden, die nicht unbedingt zusammengehören. Das "Löwenzahn"-Konzept sei nicht zum raschen Aufrollen des Marktes geeignet. Es schaffe jedoch auf Dauer eine stimmige Marke, die für sich stehen könne. Damit sei es "die inhaltlich motivierte Alternative zu Branding und Cross Promotion." Völckers betonte, sein Unternehmen sei bei der Veränderung einer Marke vorsichtig, weil man diese sehr schnell beschädigen könne. Allerdings sei das Branding auch kein statischer Zustand. Popp unterstrich, dass der Disney Channel den Vorteil habe, zu einem 80 Jahre bestehenden Unternehmen zu gehören und dass man als Pay-TV-Kanal nicht auf dem hart umkämpften Free-TV-Markt konkurrieren müsse. Aus dem Publikum widersprach Christine Feil den Ausführungen Popps: Der Disney Channel sei insofern nicht völlig werbefrei, als er Eigenwerbung betreibe. Und auf einen entsprechenden Hinweis der SWR-Redakteurin Rieke Müller-Kaldenberg räumte Popp ein, dass der Disney Channel nicht nur Disney-Produktionen ausstrahle, sondern auch Fremdproduktionen, die allerdings zum Disney-Programm kompatibel sein müßten. Außerdem werde bei diesen Kaufproduktionen die Messlatte sehr hoch gelegt.