Forum 4: Kinder brauchen Werbung!? Werbung für Kinder im Internet

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Version vom 15. April 2009, 11:45 Uhr von Admin (Diskussion | Beiträge)

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Das Forum 4 wurde in Kooperation mit dem Verein Erfurter NetCode und der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia Diensteanbieter veranstaltet. Gleich zu Beginn informierte die Geschäftsführerin der FSM über die juristischen Rahmenbedingungen von Werbung im Internet. Nach Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes ist Werbung als Gewährleistung der Kommunikationsrechte grundsätzlich erlaubt, Einschränkungen gibt es bezüglich des ebenfalls im Grundgesetz verankerten Schutzes der Jugend. So ist es – um nur einige Richtlinien zu nennen – verboten, für indizierte Angebote, für Tabak- und Alkoholkonsum zu werben, Werbung darf Kindern und Jugendlichen weder körperlichen noch seelischen Schaden zufügen, sie darf keine direkten Kaufappelle an Kinder und Jugendliche enthalten, die deren Unerfahrenheit und Leichtgläubigkeit ausnutzen oder sie unmittelbar auffordern, ihre Eltern oder Dritte zum Kauf der beworbenen Ware zu bewegen. Ferner muss Werbung erkennbar sein, Preisangaben z.B. bei Downloads von Klingeltönen müssen klar verständlich sein, also mit einem Gesamtpreis angezeigt werden.

Danach stellte Lars-Eric Mann, Verkaufsdirektor bei IP Solutions bei IP Deutschland, Werbekonzepte, speziell crossmediale Werbekonzepte, für Kinder im Internet vor. IP Solutions betreut crossmediale Vermarktungskonzepte, die TV-Werbung, Internet und Teletext kombinieren, sowie die Online-Vermarktung und das Direkt Marketing.
Nachdem am Anfang unseres Jahrtausends der Internet-Markt in eine tiefe Krise geraten war, steigt nun der Internet-Werbemarkt wieder stark an. Für Werbetreibende sind Kinder, von denen bereits die Hälfte das Internet nutzt, eine attraktive Zielgruppe. Da Kinder von einer Internetseite erwarten, dass sie spielen und lernen können, und da sie auf Vertrautes (bekannte Elemente und Figuren aus Medien und anderen Lebensbereichen) stoßen wollen, bieten neben Medienunternehmen wie z.B. Super RTL auch viele Markenartikler Plattformen mit hohem Unterhaltungswert an. Ziel ist es dabei, Kinder über eine spielerische Interaktion an Inhalte oder auch an Produkte heranzuführen. Beispiele dafür sind: kika.de, toggo.de, disney.de, lego.de oder diddl.de.
In seinem Fazit betonte Lars-Eric Mann, dass Kinder Werbung brauchen, weil Werbung ein wichtiger Bestandteil und eine wichtige Kommunikationsmaßnahme in unserer Gesellschaft sei. Dabei müssen aber Kinder vorsichtig an den Umgang mit Werbung herangeführt werden.
Der „PIXEL“-Beitrag vom Offenen Kanal Gera zeigte eher, dass Kinder Werbung als objektive „Verbraucherinformation“ verstehen und sich schwer tun, auf Internetseiten Werbung zu erkennen.

Prof. Dr. Burkhard Fuhs von der Universität Erfurt, der dort eine Professur für das Gebiet „Lernen und Neue Medien, Kindheit und Schule“ inne hat, stellte in seinem Statement zuerst dar, wie einseitig, emotional und entsachlicht das Thema Werbung und Kinder in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Dabei dominiert ein werbekritischer Anklagemodus („vollgestopft mit Werbung“, „Geschmacksdrill“, „Werbeterror“, „heimliche Macht“ etc.), der im Grunde genommen nicht nur auf die Werbung allein abzielt, sondern unbewusst auch eine Kritik an der Konsumkultur beinhaltet. Die Ergebnisse der Wissenschaft, die von komplexer, ambivalenter und schwer zu kommunizierender Natur sind, finden in der Öffentlichkeit wenig Beachtung. Die Wirkung von Werbung auf Kinder ist ein vielschichtiger Prozess, nur vorsichtig lassen sich Konsequenzen aus den Untersuchungen ziehen. So stellt der EU news-Letter sogar fest, „dass sich nur schwer beweisen lässt, dass Kinder für Werbung besonders anfällig sind.“ Im Gegenteil: Sie werden stärker von ihren Eltern und Spielkameraden als von den Massenmedien beeinflusst.
Auch Prof. Dr. Fuhs betonte am Schluss seines Statements, dass offene Gesellschaften Werbung brauchen und Kinder lernen müssen, mit Werbung umzugehen.

Die anschließende Podiumsdiskussion wurde geleitet von Roland Rosenstock, Juniorprofessor für Religionsdidaktik und Medienforschung an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald. Neben Lars-Eric Mann und Prof. Burkhard Fuhs waren zu diesem Gespräch auch Ricky Fuchs, Leiterin der Online-Redaktion vom KI.KA, Birgit Guth, Jugendschutzbeauftragte und Leiterin der Medienforschung bei Super RTL, Jens Rehländer, Redaktionsleiter von GEO.de und GEOlino.de, sowie Gabriele Schmeichel, Jugendschutzbeauftragte bei T-Online, eingeladen. Wie zu erwarten war, entwickelte sich schnell eine hitzige, sehr engagierte Diskussion zwischen den Tagungsteilnehmern und den Podiumsgästen. Es wurde in Frage gestellt, dass alle Eltern kompetent genug seien, um ihren Kinder den richtigen Umgang mit Werbung beizubringen. Es wurde heftig kritisiert, dass auf dem Podium der Eindruck erweckt würde, dass die Welt nun mal so sei wie sie ist und dieses einfach zu akzeptieren sei. Auch wurde in Frage gestellt, ob Kinder tatsächlich ein Bedürfnis nach Werbung hätten.