Maria Teresa Camoglio
Begründung
"Liebe, Lügen und Geheimnisse" ist ein sehr gutes Beispiel für eine außerordentliche Regieleistung, nicht nur unter dem Aspekt Kinder- und Jugendfilme, sondern überhaupt. Maria Teresa Camoglio hat großes Geschick bei der Besetzung bewiesen, besonders bei den jugendlichen Hauptdarstellern Antonia Sharpe und Antonio Wannek, die sie mit Einfühlungsvermögen inszeniert hat. In der Geschichte prallen zwei wichtige Themen aus der Pupertät aufeinander: die erste Liebe und die Suche nach der eigenen Identität. Die zwölfjährige Nina hat sich zum ersten Mal so richtig verliebt, da taucht plötzlich zu Hause eine fremde Frau auf, die behauptet ihre richtige Mutter zu sein. Nina muß erfahren, daß sie ein Adoptivkind ist. Die Geschichte klingt spektakulär, aber der Regisseurin ist es gelungen die Subjektivität des jungen Mädchens einzuhalten. Ihr geht es um etwas anderes. Die Adoptionsgeschichte provoziert lediglich die Frage nach der Identität, die das Mädchen für sich lösen muß. Der Film kommt ohne viel überflüssige Dialoge aus und besticht durch unprätentiöse und realistische Bildgestaltung. Die Regisseurin verzichtet auf anbiedernde Modetrends und angesagte Hits. Die Charaktere stehen im Vordergrund, die sie mit viel Liebe herausgearbeitet hat. Aber die eigentliche Leistung von "Liebe, Lügen und Geheimnisse" besteht darin, daß der Film zwischen den Problemen der Jugendlichen und denen der Erwachsenen nicht unterscheidet. Der Film nimmt alle Seiten gleich ernst und will kein Urteil abgeben, so daß die Frage nach der plötzlich aufgetauchten Mutter am Ende auch ungelöst bleibt.